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PAULI KEHR – WINTER HALB HIN HALB HER

“An Pauli Bekehr ist der Winter halb hin und halb her”
Der 25. Jänner war früher ein Lostag bzw. Feiertag, denn die Heiligenfeste waren die Urlaubstage von einst. Der Gedenktag, den man bereits seit dem achten Jahrhundert kennt, feiern Katholiken, Anglikaner, Protestanten und Orthodexe gleichermaßen. Gefeiert wird das Fest der Bekehrung des Apostel Paulus. Vom Saulus zum Paulus” ein bekanntes Sprichwort, dessen Bedeutung in der Verwandlung des Christen-Feindes Saulus zum Christen-Bekenner Paulus zu suchen ist.

Der Christenverfolger Saulus von Damaskus war zunächst ein Vertreter der alten jüdischen Ordnung und war sogar bei der Steinigung des ersten christlichen Märtyrers, des heiligen Stephanus, anwesend oder Mittäter. Die Apostelgeschichte erzählt weiter, dass Saulus von einem Lichtstrahl geblendet vom Pferd stürzte und sich - ausgelöst durch dieses Schlüsselerlebnis – in der Folge taufen ließ und den Namen Paulus annahm. Seine frühere christenfeindliche Einstellung behielt Paulus im Gedächtnis, denn er sagte von sich: “Ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden, weil ich die Kirche verfolgt habe” (1 Kor 15,9).

In der bildenden Kunst ist der Stürzende Saulus ein beliebtes Motiv: Ein bemerkenswertes Beispiel ist das bekannte Gemälde von Pieter Bruegel dem Älteren: Saulus wird auf dem Weg nach Damaskus, wo er Christen verfolgen wollte, von einem Lichtstrahl geblendet, stürzt vom Pferd und wird mit Blindheit geschlagen. Der Schauplatz ist bei Bruegel ein Hochgebirge, aber zu sehen ist auch das himmlische Licht, das Saulus zunächst blendet und dann bekehrt. Der Weg über die Berge ist dem Verfolger Saulus versperrt und zwingt ihn umzukehren, um nach der Wiedererlangung des Augenlichtes auch sein Leben umzukehren.

Im Westen von Graz, in der Schlosskirche Sankt Martin, verbirgt sich der Pferdealtar des steirischen Barockbilderhauers Josef Stammel. Wie auf einer barocken Schaubühne, einem Theatrum sacrum, treten drei Heilige hoch zu Roß auf, eine Einmaligkeit in der sakralen Kunstszene. Lebensgroße Rösser im allerheiligsten Bereich, im Presbyterium, eines Kirchenraumes sind ein sensationelles Unikum in der barocken Altarbaukunst. Gezeigt werden drei Menschen in einem Moment der inneren Verwandlung und mit beachtenswertem künstlerischen Ausdruck werden gleichzeitig die drei großen Lebensabschnitte des Menschen durch die Charaktere der Pferde repräsentiert:
Martin, der sich als heidnischer Soldat nach der Mantelspende an einen Bettler, der ihm zuvor im Traum erschien, taufen ließ, symbolisiert durch seinen kraftvollen Hengst Eleganz, Jugendlichkeit und Tatkraft. Eligius, der Goldschmied und ungläubige Pferdeknecht, steht für Hinfälligkeit und Alter und gibt sich als schicksalsergebene Kreatur zu erkennen. Paulus, der durch Vision zum Völkerapostel wird, ist ebenso im Moment der inneren Bekehrung dargestellt und sein stürzendes Pferd bringt unbändige Wildheit in der Mitte des Lebens zum Ausdruck.

Der Namenstag des Heiligen Paulus und Lostag in der Mitte des Winters ist nicht nur gekennzeichnet durch auffallend viele Wetterregeln, sondern steht auch in engem Zusammenhang mit den wieder länger werdenden Tagen. Die Vögel beginnen angesichts des nahenden Frühlings mit dem Nestbau, weshalb sich mit dem 25. Jänner auch der überlieferte Volksbrauch der Vogelhochzeit verbindet. In einem bekannten Kinderlied heiratet der Stieglitz die Amsel, der Rabe ist ein Koch, das “sieht man an seinem Kleide doch” und “die Elster bringt der Braut die Hochzeitsspeis”.

Im Zuge technologischer Errungenschaften ist viel altes Wissen verloren gegangen bzw. wird nicht mehr tradiert: Wettersprüche wie: “Sankt Pauli im Sonnenschein bringt Fruchtbarkeit und guten Wein” oder “Pauli Bekehr Winter halb hin und halb her” haben im Zuge des Klimawandels vermutlich auch nur mehr bedingt die ursprüngliche Bedeutung. Tempora mutantur et nos mutamur in illis – der Spruch des römischen Schriftstellers Ovid – bringt manche Erfahrung und Veränderung, nicht nur im Zusammenhang mit meteorologischen Ereignissen, zum Ausdruck: “Die Zeiten ändern sich und wir mit ihnen”.

Ein Beitrag von Maria Zifko

Ihr staatlich geprüfter Guide in der Hochsteiermark

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