Die faszinierende Welt der Tapisserien im KHM Wien

Bis ins beginnende 16.JH waren Tapisserien unübersichtliche Figurenansammlungen, sehr dicht bevölkert, füllige Werke waren angesagt, man sprach sogar vom „Horror vacui“ (Scheu vor der Leere)… Mit dem päpstlichen Auftrag von Leo X an Raffaello da Urbino (1483-1520) zur teilweisen Ausstattung der Sixtinischen Kapelle im Vatikan mit Tapisserien änderte der italienische Künstler die Gestaltung und das Design von Wandteppichen. Er setzt nun den Fokus auf Körpersprache, Gestik, Mimik, dramatische Handlungen einzelner Protagonisten, setzt Landschaft und Tiere in Szene und befreit die bunten stofflichen Gemälde von Unübersichtlichkeit. Er setzte damit wesentliche Impluse für die flämische Tapisserie Kunst. Zur Berühmtheit gelangt ist der 1515 in Auftrag gegebene Apostelzyklus - 10 Tapisserien zur Ausstattung der päpstlichen sixtinischen Kapelle - der Leben, Wirken und Wundertaten von Petrus und Paulus zur Darstellung bringt. Er ist der am häufigsten, nach sogenannten Kartons reproduzierte Tapisseriezyklus, es gibt rund fünfzig Editionen, das KHM hat eine Ausführung, die um 1600 von Wirkern in Brüssel textil handgefertigt wurde. Weiters zeigt die Schau „Die sieben Todsünden“ in Wolle, Seide, Gold- und Silberfäden. Monumentale Werke, die ebenfalls in den Manufakturen in Brüssel ihren Ursprung haben und nach Entwürfen des bedeutenden Tapisseriedesigners Pieter Coecke van Aest (1502-1550) ins textile Medium umgesetzt wurden. Detailreich und bildlich erzählen einzelne Szenen z.T. humorvoll von der ehemaligen Weltsicht. Auch die kunstsinnigen Franzosen haben die Kunstwerke aus Gold & Seide zu schätzen gewußt, allen voran Ludwig XIV, der Vorlagen aus dem Vatikan nach Paris bringen ließ. Produziert wurden die stofflichen „Gemälde“ primär in einer Tapisserie-Manufaktur, dessen Produktionsstätte ursprünglich einem Eigentümer namens Gobelin gehörte….